Gestern Samstag, 9. Juli 2016, zweiter und letzter Tag des Warschauer NATO-Gipfels

Samstagabend, seit Tagen wenn nicht Wochen war man darauf gebrieft und vorbereitet worden. Bis zur offenen Kriegserklärung (Seit 5:45 wird zurückgeschossen), Jens, Uschi, Barack&Angie vorneweg mit wehender NATO-Flagge, so gut wie alles war möglich. Und jetzt das! Bei Dr. Gniffke in Tagesschau (20:00) und Tagesthemen (22:10) stellte sich selbst beim Russenfreund so etwas wie Enttäuschung ein: Über allen Gipfeln Ist Ruh‘, In allen Wipfeln Spürest Du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde. Frau Zervakis von der Tagesschau hatte einfach nichts zu berichten von Warschau, das irgendwie mit Russland, Putin oder Ukraine zu tun hatte. Doch, doch! Der NATO-Gipfel stand schon im Fokus – sogar auf der pole position, aber alles drehte sich nur um Afghanistan, um den IS und dass er ab sofort von AWACS überwacht wird, die NATO Teil der Anti-IS-Koalition wird (gut das ist kostengünstig mit einem Federstrich realisierbar, sind ja schon alle vor Ort). Die wohl ursprünglich für das „Ereignis“ reservierte Sendezeit musste mit einem epischen Drama aus Mashar-al-Sharif/Afghanistan ausgefüllt, eine gefühlte Viertelstunde lang. Und dann – zum nächsten Tagesordnungspunkt: Dallas! Bericht von der Premiere der ersten Boden-Boden-Drone.

Zwei Stunden später, die Tagesthemen mit Roth. Erstes Thema: Dallas! Wie gehabt. Dann selbstredend Warschau, die Sekretär-Jens-Tafelrunde, üppig beflaggt, reichlich besetzt. Der Sekretär General hat sogar einen neuen Sekretär direkt neben sich sitzen, ein gewisser Petro P. Alles bis hin zum nicht zu verhinderten Kommentar sehr zurückhaltend, wenn nicht moderat! Nichts Genaues weiß man nicht. Auch da IS-Terror nebst Awacs im Vordergrund. „Das Engagement der NATO wird globaler!“ darf Merkel sagen. „Ich hab noch mal deutlich gemacht, dass wir unser Engagement für Afrika stärken müssen.“ Dann Afghanistan und schließlich der Gaststar, als Sekretärsekretär eingeschmuggelt, da ja schließlich nicht aus einem Natomitgliedsland stammend. Aber – O-Ton – „aus einem Land mit Krisenzonen!“ Und das ist Grund genug, ihm den restlichen Berichtsteil zu gönnen. Da steht er bei permanentem Handshaking, grinsend wie 10 Honigkuchenpferde. Erfreut berichtet er, dass die NATO ein umfangreiches Hilfspaket geschnürt habe für ihn, für die Ukraine. „Der Staatschef der Ukraine ist erleichtert!“ Der Tagesthemen-Schauer auch, wer hat schon was gegen Hilfspakete. Dann aber „Der Konflikt mit Russland bleibt aber ungelöst…Die Atmosspäre war einmalig. Getragen von Einheit, transatlantischer Solidarität mit der Ukraine!“

Dann der Kommentar! Ein Meilenstein, so wird gesagt sei dieser Gipfel in Warschau. Selbst dem Kommentator fällt auf „das klingt nach Pathos!“ Und er lässt dann auch gleich reichlich Luft aus dem Reifen: „Da setzt die NATO auf Abschreckung“ gegen Russland mit ein paar Tausend Soldaten. „Militärisch können die wenig ausrichten … es geht um ein politisches Signal. Es droht kein neues Wettrüsten, wie so mancher orakelt. Dafür fehlt den meisten NATO-Ländern einfach das Geld, auch bei uns! Vielleicht ist das besser so“ Und dann schreibt er – wem auch immer – ins Stammbuch „Die Herausforderungeten sind zu groß, als dass ihnen die NATO ohne Russland begegnen könnte.“ Darf da Hoffnung aufkeimen? Oder ist es nur ein „La le lu“, damit der Plebs etwas Ruhe gibt und Dr. Gniffke kneift um sich ein paar Programmbeschwerden zu ersparen?

Und das wars dann auch mit Nachbetrachtungen und umfassender Information über den NATO-Gipfel 2016 bei Dr. Gniffke. Vielleicht gab es tatsächlich nicht mehr zu berichten? Wie äußerte sich denn das ZDF? Da hatte man sich offensichtlich komplett und vorzeitig in das Wochenende verabschiedet. Der Stoff in Heute um 19:00 von Frau Gerster dargeboten war wenig erhellend, war wahrscheinlich alles längst in der Retorte vorbereitet. Der NATO-Gipfel? Es geht vor allem um „den Konflikt mit Russland“, die Frage „wie reagiert Russland auf die Truppenverlagerung“ und um die „Annektion der Krim und dem Terror des IS“ und „wie sich das Militärbündnis dagegen wappnet“. Der folgende Kommentar von Frau Eigendorf – vor der Wandtapete mit dem Kreml im Studio? Sie schwabuliert auf bekannte Art von einem „scharfen Ton aus Moskau“ ohne Ross und schon gar keinen Reiter benennen zu können, schwurbelt was von neuen NATO-Mitgliedern wie Georgien, Ukraine und sogar Finnland als Grund für den Missmut hinter den Kremlmauern. Der Wunsch als Vater des Gedankens blitzte aus den verkniffenen Augen. Das Heutejournal habe ich mir dann erspart, wollte der Erinnye nicht noch mal begegnen.

Etwa zur gleichen Zeit bei NTV (Bertelsmann-Haussender und bestimmt von Elmar Brok bestens informiert) derweilen legt man sich kein Korsett an, da weiss man erheblich mehr zu berichten. Da soll es sogar eine „Warschauer Erklärung“ geben. (http://www.n-tv.de/politik/Nato-weitet-Hilfe-fuer-die-Ukraine-aus-article18161836.html).Die Headline ist dann auch eindeutig: „Nato weitet Hilfe für die Ukraine aus“ Und damit auch gleich jeder zufriedengestellt wird von den treuen Anhängern gleich satte Dröhnung: „Russland, Ukraine, Afghanistan, Irak und Syrien – kaum ein Konflikt, der auf dem Nato-Gipfel nicht thematisiert wird. Das Bündnis reagiert mit mehr Soldaten, mehr Militärhilfe und verlängerten Missionen.“ Sogar Einzelheiten, etwas was bei Dr. Gniffke und selbst bei ZDF-Vor-Ort-Tröte Eigendorf nicht zu hören war: „Nach der Truppenverstärkung in Osteuropa haben die Nato-Staats- und Regierungschefs zum Abschluss ihres Gipfeltreffens auch ihre Unterstützung für die Ukraine ausgeweitet. Sie verabschiedeten in Warschau ein Paket, durch das die ukrainischen Streitkräfte „leistungsfähiger“ werden sollen …Die Nato unterstützt die Ukraine schon seit zwei Jahren bei der Modernisierung ihrer Streitkräfte. Dies soll nun auf die Entschärfung selbstgebauter Sprengsätze (IED) und die Abwehr von Bedrohungen durch „hybride Kriegsführung“ ausgeweitet werden. Dabei geht es um Taktiken, die auf Täuschung und Verschleierung beruhen statt auf dem offenen Einsatz herkömmlicher militärischer Mittel. Sie reichen von Propaganda über wirtschaftlichen Druck bis zum Einsatz von verdeckt arbeitenden Militäreinheiten. Der Westen wirft Russland den Einsatz solcher Methoden in der Ukraine vor.“

Und kurz vorher natürlich noch das Übliche, man hätte es sonst ja vermisst: „Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs forderten dabei erneut die vollständige Umsetzung des Minsker Friedensabkommens.“ Das haben sie bestimmt auch dem Typen rechts neben dem General Sekretär auch mit Nachdruck hinter die Ohren geschrieben, oder
vielleicht nicht? I wo! Ausserdem fehlt da noch was, genau: „Die Gipfel-Teilnehmer bekräftigten nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, dass die Nato die ‚illegale und unrechtmäßige Annexion der Krim‘ durch Russland nicht anerkennen werde, und warfen Moskau ‚die anhaltende Destabilisierung der Ost-Ukraine‘ vor.“

Hört sich doch alles wunderbar an. Nix wie druff! Und damit friedliebende Leser und Zuhörer nicht allzu sehr des Schlafes beraubt werden gibt es noch ein Zuckerle obendrauf: „Gleichzeitig betonten sie die Dialogbereitschaft gegenüber Russland. Ob das Gesprächsangebot an Moskau fruchtet, ist allerdings unklar.“ Dialogbereitschaft, fruchtet? Ich hätte da einen Vorschlag, wie wärs denn, wenn die Ritter von der NATO-Tafelrunde gemeinsam ein Ständchen aufnehmen und nach Moskau senden, als Friedensangebot? Besser kann man die Bereitschaft zum Dialog nicht demonstrieren. Folgendes Kinderlied passt gut und bietet sich doch gerade an:

Wer wird da schon nein sagen können zum Dialog, zur dargereichten Hand!


Propagandameldungen vom 10. Juli 2016